Audio Messgerät für Einsteiger Modifizierter Behringer UMC202HD
Improving a Behringer UMC202HD for Audio Measurements (Poor Man’s Audio Precision)
Im Artikel „Preiswerter Audio Messplatz“ in der ELEKTOR Ausgabe 7/2022 habe ich mein RME Babyface Pro FS Audio Interface beschrieben. Es ist sehr gut, ist aber mit über 700 Euro recht teuer. Für den Praktischen Teil meiner Filtervorlesung suchte ich ein deutlich billigeres, aber trotzdem brauchbares Interface für die Studenten. Daher bestellte ich ein Behringer UMC202HD für inzwischen 89 Euro. Es ist in einem stabilen Alu Gehäuse untergebracht, lediglich die Frontplatte ist aus Kunststoff. Bild [1]. Die Platine scheint ein Multilayer zu sein inklusive Bestückungsdruck. Bild [2]. Auf der Suche nach einem Schaltbild wurde ich auf diesen Blog aufmerksam. Link [1]. Neben dem Schaltbild (Bild [3]) des analog Teils sind auch jede Menge Verbesserungsvorschläge zu finden. Ich möchte an dieser Stelle den vielen Autoren in diesem Blog ausdrücklich danken.
Bei näherem Hinsehen hat der UMC202HD doch einige Unzulänglichkeiten. Manche sind relativ einfach zu verbessern, bzw. zu beseitigen.
Schaut man sich das Spektrum des Digitizers mit Hilfe einer SW wie „AudioTester V3.0“ ohne Eingangssignal an so fällt ein Spike bei ca. 13 kHz im sonst recht sauberen Verlauf auf. Die Frequenz verschob sich nach einiger Zeit nach unten. Daher lag der Schluss nahe dass es sich um eine „analoge“ Frequenz, bzw. eine Mischung davon mit einer festen digitalen handeln könnte. Ein kurzer Temperaturtest mit einem Haartrockner bestätigte dies. Als Verursacher wurde der 48 V Generator für die Phantomspeisung der Mikrofoneingänge identifiziert. Obwohl mit dem Schalter auf der Rückseite ausgeschaltet läuft der Generator weiter. L4 sitzt als Filter in der Zuleitung der Stromversorgung zu diesem Generator. Sobald man sie entfernt ist der Generator außer Betrieb und der Peak verschwunden. Werden die 48 V gelegentlich gebraucht sollte man einen Schalter einbauen.
Der UMC202HD besitzt zwei Arten von Eingängen, XLR für Mikrofone und 6,35 mm Klinkenbuchsen für Line- und Instrumenten Signale. Die Klinkeneingänge zeigen eine starke 2. Oberwelle mit nur etwa -60 dBc während die XLR Eingänge deutlich besser sind. Zwischen den beiden Schaltungsteilen werden CMOS Schalter vom Typ CD4066 benutzt (IC10). Tauscht man das IC gegen ein HC(T)4066 so gewinnt man etwa 20 dB beim THD, aber so richtig gut ist es trotzdem nicht. Daher habe ich die Klinkeneingänge bis auf weiteres ignoriert.
Im Blog wurde daraufhin gewiesen, dass die ADC Treiber Schaltung sich von der empfohlenen im Datenblatt des Interface Bausteins CS4272 unterscheidet. Beim Behringer werden für R28, R45, R31 und R46 1 kOhm Widerstände zwischen den OPs und den ADC Eingängen benutzt während in der Applikations-Schaltung 91 Ohm vorgeschlagen werden. Lötet man über die Widerstände jeweils 100 Ohm darüber so erhält man etwa diesen Wert und gewinnt ca. 6 dB an THD.
Ein zweiter Unterschied besteht in dem Anschluss der Rückkoppel Widerstände R29, R44, R 47 und R35. Beim UMC202HD sind sie direkt mit den OP Ausgängen verbunden, in der Applikation aber erst hinter den Längswiderständen. Dies macht die Ausgänge wohl niederohmiger und verbessert den THD um einige weitere dB. Da direkt zwischen den Eingängen des ADC ein recht großer Kondensator geschaltet ist verringert diese Art der Schaltung die Phasenreserve der OPs. Es ist also Vorsicht geboten. Bisher wurde aber keine Schwingneigung beobachtet. Diese Schaltungsänderung ist etwas aufwändiger, kommt aber ohne Auftrennung von Leiterbahnen aus. Dadurch gewinnt man weitere 3 dB an THD.
Das vom Generator erzeugte Signal an den hinteren Klinkenbuchsen oder dem Kopfhöreranschluß auf der Front sieht sehr verrauscht aus. Beim Blick auf den Schaltplan erkennt man, dass es kein Tiefpassfilter nach dem DAC gibt. Das Noise Shaping des DAC wird ungefiltert nach draußen geleitet. Im Datenblatt des CS4272 ist zwar ein Filtervorschlag gezeigt, er wurde aber vom Entwickler des Behringer nicht übernommen. Diese Modifikation des Differenzverstärkers nach dem DAC erschien mir zu kompliziert um sie auf der Platine zu realisieren. Ich habe daher eine kleine Filterplatine mit zwei Tiefpässen vierter Ordnung entwickelt und eingebaut. Im Bild [2] ist sie links oben zu erkennen. Der Signalpfad wird durch Entfernen von R98 und R99 aufgetrennt und die Filterplatine eingefügt. Die nötige Versorgungsspannung wird an C75 des IC14 abgegriffen. Für die Masseverbindung wird etwas Lötstoplack entfernt und ein Kabel angelötet. Bild [4] zeigt das Schaltbild und Bild [5] das Layout.
Falls jemand diese interne Modifikation nicht machen möchte habe ich auch eine externe Filterplatine entworfen, die in ein Alugehäuse von Hammond passt und auch für andere Applikationen geeignet ist. Sie enthält auch zwei kleine Spannungsregler und wird mit +-15V betrieben. In Bild [6] und Bild [7] ist Schaltbild und Layout zu sehnen. Bild [8] zeigt die Platine im Gehäuse.
Generell ist zu sagen dass der UMC202HD aus den 5 V des USB Anschlusses versorgt wird. Ein LDO erzeugt daraus 4.5 V für den Analogteil. Die verwendeten OPs vom Typ AD8692 sind zwar für den Betrieb mit so wenig Spannung gebaut, bei Vollaussteuerung des DAC entsteht am Ausgang des IC13C und D jedoch 3Vpp und damit recht hohe Verzerrungen. Für kleinere Ausgangsspannungen ist es daher günstiger die Aussteuerung des DACs zu reduzieren, zum Beispiel für 1 Vpp auf -9dBFs und den Pegelsteller auf Maximum zu drehen.
Auch der Analogteil des CS4272 (ADC und DAC) wird mit diesen 4.5 V betrieben, im Datenblatt werden aber 4.75 bis 5.25 V gefordert. Einige Autoren berichten von Verbesserungen der Signale wenn man die Ausgangsspannung des LDO IC 3 auf 4.8 V erhöht. Dazu sollte aber die USB Spannung mindestens 4.9 V betragen. Bei meiner Modifikation habe ich keine Verbesserung festgestellt.
Da ich keine Möglichkeit sehe die Klinkeneingänge mit der bestehenden Schaltung sinnvoll einzusetzen habe ich sie von ihrem Verstärker abgekoppelt und den XLR Buchsen parallel geschaltet. Dazu werden C78, C81, C82 und C85 entfernt und die im folgenden Bild [9] gezeigten Verbindungen auf der Unterseite gemacht. Die CMOS Schalter bleiben nun immer offen. (Man könnte IC 10 auch zur Sicherheit ganz entfernen) Sowohl XLR als auch Kinkenbuchsen sind differentiell beschaltet. Benutzt man Mono-Klinkenstecker so wird der zweite Eingang automatisch kurzgeschlossen. Dies ist bei vielen XLR zu Cinch Kabeln nicht der Fall.
Ich habe auch die Widerstände R106, R107, R102 und R103 entfernt, die die Verbindung zu den 48V herstellen.
Der UMC202HD besitzt von Hause aus keine differentiellen Ausgänge. Man könnte externe single ended zu differentiell Verstärker benutzen. Die SW „AudioTester V3.0 bietet aber auch die Möglichkeit beide Ausgänge mit dem selben Signal zu betreiben, aber mit 180 ° Phasenverschiebung. Dies erzeugt zwar kein „richtiges“ differentielles Signal eines voll differentiellen Verstärker, kommt ihm aber doch recht nahe.
Der UMC202HD hat sicher noch weiteres Potential sowohl die Ausgangssignale als auch den Digitizer zu verbessern, zum Beispiel mit voll differentiellen Verstärkern. Dazu ist aber eine andere Stromversorgung und eventuell ein größeres Gehäuse nötig.
Die hier beschriebenen Modifikationen reichen aber völlig aus um damit erste Gehversuche in der Audio Messtechnik zu unternehmen. Bild [10] zeigt das Spektrum eines 1 kHz Sinus mit 1 Vpp im Loopback bei gedrücktem Padschalter am Digitizer Eingang. Die ADC Eingänge wurden auf ca. -10 dBFS eingestellt.
Am Ende steht dann ein Audio Precison im Labor. (Simly)
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